Sorge dich nicht, segle
Erinnern Sie sich bitte an Ihren letzten Urlaub am Meer! Schon als Sie aus dem Flugzeug ausgestiegen sind,
ergriff Sie durch die Sonne und Wärme ein unbeschreibliches Hochgefühl. Nachdem Sie Ihre Unterkunft bezogen
hatten, Ihre Blicke über die Weite des Meeres schweifen ließen, spürten Sie eine tiefe innere Ruhe und
Entspannung. Der Alltag, die Aufgaben, die Probleme waren weg - weit, weit weg. Langeweile kam jedoch
nicht auf, am Meer gingen Sie Ihren bevorzugten Aktivitäten nach.
Vielleicht waren es Segeln oder Wandern? Aktivitäten vorzugsweise in der Gruppe bedeuten:
Ziele setzen, Kurs nehmen, Verantwortung übernehmen, zupacken. Mit etwas Abstand zu
sich haben Sie förmlich dabei zugesehen, wie sie entspannter, gelöster und dadurch auch
konzentrierter und aufnahmefähiger für Neues wurden. Stress war kein Thema. Alltagsprobleme, die Ihnen
vorher unüberwindbar erschienen, konnten Sie unter diesen Bedingungen mit der nötigen Distanz betrachten
und sinnvolle Lösungsansätze erarbeiten. Meer, Sonne und positive Aktivitäten in der Gruppe sind wie ein
Katalysator für Erlebens- und Verhaltensänderungen.
Zu den wesentlichen Aktivitäten auf einer Segelyacht gehören etwa:
Selbstorganisation des Tagesablaufes in der Mannschaft
a. Aufstehen und Körperpflege
b. Selbstversorgung an Bord
c. Tagesablauf im Team festlegen, Ziele bestimmen, Kurs festlegen
d. Yacht klar machen zum Auslaufen: Reinigen, Aufräumen, Herrichten
e. Yacht gemeinsam segeln unter Berücksichtigung von Wind, Wellen, Sonne,
technischen Gegebenheiten
und nicht zuletzt unter Berücksichtigung des
individuellen Leistungspotentials - Segeln ist Teamarbeit und nur Teamleistung führt
zum Ziel. Diese an sich einfache jedoch wesentliche Erkenntnis wird beim Segeln
durch Erfahrung des Teams mit den Naturgewalten und damit bleibend gewonnen.
Selbst wenn man noch nie auf einer Segelyacht dabei gewesen sein sollte, so lässt die
genannte Aufgabenliste leicht einen hohen Grad an Übereinstimmung zwischen Elementen der
Kognitiven Verhaltenstherapie bzw. Aktivierungstherapie erkennen. Und das passiert alles
quasi nebenher, ohne das jemand an Coaching oder Therapie denken oder diese Worte gar
aussprechen muss.
Damit nicht genug, die Wirkungen der Sonne und der Monotonie des Meeres in Form von "Licht-
und einer umgekehrten Reiztherapie" gibt es sozusagen noch gratis dazu.
Eine Segelyacht entsprechender Größe von A nach B unter Berücksichtigung von Meer,
Wellen und Belastungsfähigkeit des Teams zu bewegen, ist meistens nicht ganz so trivial, wie
es vielleicht auf den ersten Blick erscheinen mag. Hierzu gehören Organisations- und
Führungsfähigkeiten. Es ist ein partizipativer Führungsstil notwendig, um die Mannschaft als
Teamplayer "mit zu nehmen". Dieser Führungsstil ist aber beim Segeln, wie bereits
angedeutet, eine Voraussetzung sine qua non bei einer Mannschaft von "Freiwilligen".
Daneben sind Anerkennung der Leistung einzelner und des Teams unabdingbar notwendig um
das Selbstwertgefühl zu stärken, was sich positiv auf Stress und nicht zuletzt gegen Burnout
auswirkt. Für diese Punkte gilt Ähnliches wie hinsichtlich individueller Maßnahmen. Abstrakte
Übungen und Rollenspiele sind hier nicht vonnöten - heute ist Teammitglied 1 am Steuer,
Teammitglied 2 für die Segel verantwortlich, Teammitglied 3 für die Kombüse, …; morgen
werden die Aufgaben neu verteilt. Die Teilnehmer lernen auf Segelschiffen in kurzer Zeit,
dass durch richtige Planung, Vorbereitung, Durchführung und vor allem durch gute Teamarbeit
auch eine sichere Schiffsführung möglich ist und das bei weniger Stress.
Zusammenfassung
Burnout-Prophylaxe auf einer Segelyacht nutzt die äußeren Umstände wie Meer, Sonne, Team und
positive Aktivitäten in der Gruppe, um chronischen Stress zu brechen und zielgerichtete
Verhaltensweisen zu entwickeln. Diese Kombination ist hervorragend dazu geeignet, Burnout zu verhindern.
Dr. Ewald Piel
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